ERP-Benchmarks für E-Commerce: Welche KPIs wirklich zählen
4. September 2025
Einleitung: Warum Benchmarks im E-Commerce entscheidend sind
Im E-Commerce entscheidet nicht allein das Sortiment über Erfolg oder Misserfolg. Genauso wichtig sind die Systeme, die im Hintergrund Prozesse steuern: ERP-Systeme. Sie bilden die Schaltzentrale für Bestellungen, Lager, Finanzen und Logistik. Doch welches ERP-System ist für ein wachstumsstarkes E-Commerce-Unternehmen wirklich geeignet?
Ein direkter Funktionsvergleich reicht selten aus, da nahezu jedes ERP-System heute mit Schlagworten wie „Cloud-ready“ oder „skalierbar“ wirbt. Wirklich relevant sind die Kennzahlen, die sich in der täglichen Nutzung messen lassen: Geschwindigkeit, Datenqualität, Fehlerquoten oder Automatisierungsgrad. Genau hier setzen ERP-Benchmarks an – sie machen Performance sichtbar und vergleichbar.
In diesem Beitrag zeigen wir, welche KPIs (Key Performance Indicators) im E-Commerce wirklich zählen, wie Unternehmen diese messen und wie Benchmarks helfen, die richtige ERP-Strategie zu entwickeln.
1. Was versteht man unter ERP-Benchmarks?
Benchmarks sind Vergleichswerte, die Unternehmen helfen, ihre eigene Performance realistisch einzuordnen. Im ERP-Kontext bedeutet das:
- Leistungskennzahlen (KPIs) werden gemessen, dokumentiert und mit Best Practices oder Branchenstandards verglichen. 
- Benchmarks ermöglichen es, Schwachstellen zu identifizieren und Potenziale für Effizienzsteigerungen zu entdecken. 
- Sie dienen als Grundlage für Investitionsentscheidungen: Wann lohnt sich ein Wechsel des ERP-Systems? Welche Module sollten ergänzt werden? 
Im E-Commerce sind Benchmarks besonders wertvoll, da viele Prozesse hochfrequent, zeitkritisch und fehleranfällig sind – von der Bestellannahme über die Lagerlogistik bis hin zum Retourenmanagement.
2. Die wichtigsten ERP-KPIs im E-Commerce
2.1 Durchsatzzeit einer Bestellung
- Definition: Zeitspanne von Bestelleingang bis Versand. 
- Benchmark: 85 % aller Bestellungen sollten innerhalb von 24 Stunden versandfertig sein. 
- Nutzen: Direkt messbarer Einfluss auf Kundenzufriedenheit und Wiederkaufsrate. 
2.2 Datenqualität und Stammdatenpflege
- Definition: Anteil fehlerfreier Produkt- und Kundendaten. 
- Benchmark: Mindestens 98 % der Datensätze ohne Dubletten oder Inkonsistenzen. 
- Nutzen: Weniger Fehlbuchungen, weniger Retouren, stabilere Reports. 
2.3 Automatisierungsgrad
- Definition: Anteil automatisierter Prozesse (z. B. Rechnungsstellung, Zahlungsabgleich, Versandlabel). 
- Benchmark: Mindestens 70 % der Standardprozesse sollten automatisiert laufen. 
- Nutzen: Reduziert Personalkosten und Fehler, steigert Skalierbarkeit. 
2.4 System-Performance (Antwortzeiten, Stabilität)
- Definition: Reaktionszeit des Systems bei typischen Anfragen (z. B. Bestellabfrage, Reporting). 
- Benchmark: <1 Sekunde bei einfachen Abfragen, <5 Sekunden bei Reports. 
- Nutzen: Produktive Arbeit ohne Frust, weniger Systemausfälle in Peak-Phasen. 
2.5 Integration und Schnittstellenqualität
- Definition: Stabilität und Geschwindigkeit von Datenaustausch zwischen Shop, ERP und Logistikdienstleistern. 
- Benchmark: Mindestens 99,5 % erfolgreiche Transaktionen ohne manuelle Nacharbeit. 
- Nutzen: Vermeidet Medienbrüche und erhöht die Transparenz in Echtzeit. 
2.6 Kosten pro Bestellung
- Definition: Gesamtkosten für Abwicklung einer Bestellung (System, Personal, Logistik). 
- Benchmark: Zwischen 2,50 € und 4,50 € je nach Branche. 
- Nutzen: Direkter Einfluss auf die Marge und Wettbewerbsfähigkeit. 
2.7 Retourenquote & Bearbeitungszeit
- Definition: Anteil retournierter Bestellungen und Zeitaufwand für die Bearbeitung. 
- Benchmark: <5 % Retourenquote im Non-Fashion-Bereich, <15 % in Fashion. Bearbeitung <48 Stunden. 
- Nutzen: Schnellere Gutschriften steigern Kundenzufriedenheit und Liquidität. 
3. Praxis: Wie ERP-Benchmarks erhoben werden
3.1 Daten aus dem ERP-System extrahieren
- Standardberichte (z. B. Durchlaufzeiten, Fehlerquoten) nutzen. 
- API-basierte Auswertungen für tiefergehende Analysen. 
3.2 Ergänzende Systeme einbinden
- Shop-Daten (Shopify, Shopware, Magento). 
- Logistikdaten (DHL, UPS, Fulfillment-Dienstleister). 
- Finanzdaten (Buchhaltung, Payment-Provider). 
3.3 Vergleich mit Branchenwerten
- Nutzung von Studien (z. B. ibi research, EHI Retail Institute). 
- Eigene Benchmark-Datenbanken aufbauen. 
3.4 Kontinuierliches Monitoring
- KPI-Dashboards aufbauen. 
- Automatisierte Alerts bei Schwellenwertüberschreitungen. 
- Monatliche oder quartalsweise Review-Meetings. 
4. ERP-Benchmarks in der Praxis: Zwei Szenarien
Szenario 1: Mittelständischer Fashion-Händler
- Problem: Hohe Retourenquote und langsame Bearbeitung. 
- Benchmark-Abgleich: Retourenquote 22 %, Bearbeitungszeit 5 Tage. 
- Maßnahmen: Automatisierte Rückabwicklung, verbesserte Datenqualität bei Größenangaben. 
- Ergebnis: Retourenquote auf 16 % gesenkt, Bearbeitungszeit auf 48 Stunden. 
Szenario 2: Elektronik-Shop mit internationalem Versand
- Problem: Lange Durchsatzzeiten und viele manuelle Eingriffe in der Zollabwicklung. 
- Benchmark-Abgleich: Durchschnittliche Versandzeit 72 Stunden. 
- Maßnahmen: ERP-Connector für automatische Zollpapiere, Integration externer Fulfillment-Partner. 
- Ergebnis: Versandzeit auf 36 Stunden reduziert, Fehlerquote um 60 % gesenkt. 
5. Cloud-ERP im Benchmark-Vergleich
Cloud-ERP-Lösungen wie Exact Online Premium oder Reybex zeigen in Benchmarks oft Vorteile:
- Skalierbarkeit: Lastspitzen (Black Friday, Weihnachtsgeschäft) werden flexibler abgefedert. 
- Updates: Automatische Funktionsupdates ohne Zusatzkosten. 
- Integration: Standardisierte Schnittstellen erleichtern den Datenaustausch. 
Doch entscheidend bleibt: Ein Cloud-ERP ist kein Selbstläufer. Entscheidend ist, ob es sich in die vorhandene Systemlandschaft integrieren lässt und die relevanten KPIs verbessert.
6. Typische Fehler bei der Nutzung von Benchmarks
- Nur auf Kosten achten: Ein günstiges ERP hilft wenig, wenn Prozesse fehleranfällig bleiben. 
- Fokus auf falsche KPIs: Nicht jede Kennzahl ist für jedes Geschäftsmodell gleich relevant. 
- Statische Betrachtung: Benchmarks müssen regelmäßig überprüft werden, da Marktbedingungen sich ändern. 
- Fehlende Einbindung der Mitarbeiter: KPIs sind nur so gut wie die Prozesse, die sie abbilden. 
7. Best Practices: So nutzen KMU Benchmarks effektiv
- Priorisierung: Fokussieren Sie sich auf 3–5 KPIs, die unmittelbar auf Ihre Strategie einzahlen. 
- Transparenz: Stellen Sie sicher, dass alle Beteiligten Zugang zu den KPI-Daten haben. 
- Iteration: Nutzen Sie Benchmarks als kontinuierlichen Verbesserungsprozess, nicht als Einmalprojekt. 
- Externe Expertise: Ziehen Sie ERP-Partner hinzu, die Erfahrung mit Branchenbenchmarks haben. 
8. Zukunftsausblick: KI-gestützte Benchmarks
In Zukunft werden Benchmarks zunehmend von künstlicher Intelligenz unterstützt:
- Predictive Analytics: Frühwarnsysteme erkennen Engpässe, bevor sie eintreten. 
- Anomalie-Erkennung: KI-Algorithmen identifizieren Abweichungen in Echtzeit. 
- Automatisierte Handlungsempfehlungen: Statt nur Zahlen zu liefern, schlagen Systeme konkrete Optimierungen vor. 
Für E-Commerce-Unternehmen bedeutet das: Benchmarks werden nicht nur zum Spiegel, sondern zum aktiven Steuerungsinstrument.
Fazit: Benchmarks als Kompass für ERP-Entscheidungen
ERP-Benchmarks sind weit mehr als ein Zahlenwerk. Sie sind ein strategisches Werkzeug, um Prozesse messbar zu machen, Ineffizienzen aufzudecken und Wachstumsentscheidungen auf eine fundierte Basis zu stellen.
Gerade im E-Commerce, wo Geschwindigkeit und Skalierbarkeit entscheidend sind, machen die richtigen KPIs den Unterschied zwischen einem System, das bremst, und einem System, das Wachstum ermöglicht.



